Kladde
 
Samstag, 22. März 2003
David Grand im Polizeipräsidium

Oder Wie wir unter die Intellektuellen fielen

Gestern Abend war ein Paradebeispiel dafür, wie eine profilierungssüchtige Spiegelredakteurin (oder irgendwas anderes beim Spiegel) alles an sich reißen kann.
Die Dame hielt zunächst eine Einführung in Englisch mit ihrer Interpretation des Buches und da ein Zuschauer so dämlich war die kurze Zusammenfassung auf deutsch zu verlangen, bekamen wir den ganzen Sabbel noch mal zu hören (inklusive einiger Patzer: David Grand hatte einen kritischen Erfolg.)
Es folgte eine endlose Lesung, die zutage förderte, dass Grand eine angenehme Stimme hat, aber monoton liest und dass der anwesende Schauspieler, der Teile auf deutsch vortrug (wenigstens nicht die gleichen), sehr gekonnt und packend lesen konnte, dies aber leider viel zu lange tat.
Und dann kamen die Fragen. Nachdem natürlich die Moderatorin ihre Fragen losgeworden war, in denen sie noch mal mit ihrem Verständnis des Buches glänzte (sie hatte das Teil ja nicht umsonst dreimal gelesen) und sich auf die Politik versteifte. Der Schauspieler brachte endlich mal Stimmung auf, indem er nach den Quellen für das Rotlichtmilieu fragte.
Leider ging es dann in die Zuschauerrunde und da meldeten sich nur Leute, die in Intellektualität erstrahlten, was daran zu bemerken war, dass ihre Fragen meist genauso lang waren wie die Antworten. Lustig wurde es, wenn sie über sich selber stolperten. Grand wusste partout nichts mit dem driver behind the Bush administration anzufangen. Und einen amerikanischen Juden nach dem Zionismus in Amerika zu fragen, zeugt auch nicht gerade von Feingefühl.
Trotz der widrigen Umstände schlug sich David Grand gut und kam sehr sympathisch rüber. Wiegelte auch immer das Politische ab: Nein, er wüsste wirklich nicht, was die Bushadministration denkt.
Ohne Spiegelredakteurin hätte das ein wirklich netter Abend werden können. Immerhin hat er mir den Wert von Fragen gezeigt wie: Was ist ihr Lieblingsfilm?

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Freitag, 21. März 2003
Wladimir Kaminer im Gloria

Bislang hatte ich Kaminer nur im Radio lesen gehört und wußte sofort, dass ich unbedingt zu einer Lesung von ihm wollte. Gestern bot sich im Rahmen der Litcologne die Gelegenheit.
Und er enttäuschte nicht. Diese Kombination aus Trockenheit und russischem Akzent schafft mich. Ich glaube, es wurde bald mehr gelacht als auf einer Comedy-Veranstaltung, ohne dass sich Kaminer als Komiker gebärdete.
Er las diverse Einzelstücke und Teile eines geplanten Karaokebandes (der vielleicht nie erscheinen wird), bei denen er sich nicht scheute auch zu singen.

Der einzige Nachteil einer Kaminerlesung liegt darin, dass man danach bei der Lektüre der Bücher seine Darbietung vermißt

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Donnerstag, 20. März 2003

Unstet. Langsam arbeite ich mich durch den Duby, daneben hab ich in Treasure Island reingeschnuppert (in einer witzigen Ausgabe für den chinesischen Markt), gleichzeitig Kathy Reichs Grave Secrets begonnen. Alles nix Ganzes und nix Halbes.

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Dienstag, 18. März 2003

Im ersten Teil von Ritter, Frau und Priester gibt Duby einen Überblick über die Grundlagen für die Einschätzung der Ehe. Priester beziehen sich auf die Kirchenväter und andere Authoritäten, die sich über die Schlechtigkeit der Frau wunderbar einig sind. Die Frau ist schlecht, da sie die Sinnlichkeit verkörpert (und heimtückisch ist sie sowieso).

Johannes Scotus beispielsweise freute sich schon auf den Jüngsten Tag, denn:

Das Ende der Welt aber wird die Zweigeschlechtichkeit aufheben, oder genauer: es wird das Weibliche aufheben. Im Lichterglanz des Jüngsten Tages wird die Unvollkommenheit getilgt werden, jener Makel der Schöpfung, der das Weibliche ist. Der irische Mystiker spricht es ausdrücklich aus: "Es wird nur den Mann geben, wie er gewesen wäre, wenn er nicht gesündigt hätte."

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Sonntag, 16. März 2003
Aus dem literarischen Leben:

16.3.12..
Der Bergmann findet zum ersten Mal Gold.
(Novalis - Heinrich von Ofterdingen 1802)

Dieses konkrete Datum sticht ins Auge, weil Novalis das Geschehen ansonsten sehr zeitfrei beschreibt.
Und siehe da: Der 16. März ist der Geburtstag seiner Verlobten Julie von Charpentier.

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Aus dem literarischen Leben:

15.3.1980
Christopher Mackie eröffnet ein Konto.
(Ian Rankin - Set in Darkness 2000)

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Donnerstag, 13. März 2003

It was because he wanted there to be conspirators. It was much better to imagine men in some smoky room somewhere, made mad and cynical by privilege and power, plotting over the brandy. You had to cling to this sort of image, because if you didn't then you might have to face the fact that bad things happened because ordinary people, the kind who brushed the dog and told their children bedtime stories, were capable of then going out and doing horrible things to other ordinary people. It was so much easier to blame it on Them. It was bleakly depressing to think that They were Us. If it was Them, then nothing was anyone's fault. If it was Us, what did it make Me? After all, I'm one of Us. I must be. I've certainly never thought of myself as one of Them. No-one ever thinks of themselves as one of Them. We're always one of Us. It's Them that do the bad things.
Terry Pratchett - Jingo

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(...)Wenn überhaupt jemals etwas für mich spräche, so wäre es dies - ein bescheidener Stolz -: daß niemand jemals vor mir Angst gehabt hat; ich hätte auch mit einer solchen Schande nicht leben können. Wolfgang Hildesheimer - Masante
by regina dinter (11.06.06, 07:45)

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